Auf einer sonnigen Anhöhe im Ortsteil Thal, steht sie seit Jahrhunderten – die Filialkirche St.Korbinian. Auf den ersten Blick ein bescheidener Bau, offenbart sie beim Näherkommen einen Reichtum an Geschichte, Kunst und Spiritualität, der weit über die Grenzen Osttirols hinausstrahlt.

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Errichtet um 1465 unter der Herrschaft der Görzer Grafen und geweiht 1468, wurde sie bald zu einem Wallfahrtsort. Ihrem Namenspatron, dem heiligen Korbinian – dem ersten Bischof von Freising – ist eine der bekanntesten Heiligenlegenden gewidmet: Ein Bär soll ihm auf seiner Reise nach Rom das Gepäck getragen haben. Dieses Motiv begegnet einem schon beim Betreten des Gotteshauses: In der Mitte des prächtigen Korbinianaltars steht der Heilige mit Bischofsstab – zu seinen Füßen der Bär, als Sinnbild für die Überwindung des Wilden durch das Geistliche.

Ein Altar kehrt heim

Besonderes Augenmerk verdient der Korbinianaltar, der ursprünglich das Presbyterium schmückte, heute jedoch an der rechten Seitenwand des Langhauses steht. Im Mittelschrein thront die eindrucksvolle Statue des Heiligen Korbinian, geschaffen von Hans Klocker. Die Standflügel zeigen den hl. Petrus und den hl. Paulus – sie stammen ebenso wie die bemalten Seitenflügel aus der Werkstatt des Friedrich Pacher in Bruneck, einem der bedeutendsten Künstler Tirols um 1500. Innen sind darauf der hl. Florian und die hl. Magdalena zu sehen, außen der Apostel Andreas und erneut der hl. Korbinian. In der Predella darunter: fünf fein ausgeführte Szenen aus dem Leben des Heiligen, vermutlich eigenhändig von Pacher gemalt – ein kunsthistorischer Höhepunkt.

Als der Altar um 1660 an die Seitenwand verlegt wurde, demontierte man die beiden beweglichen Schreinflügel. Die weitere Geschichte dieser Flügel liest sich wie ein Krimi. Sie gelangten über den Kunsthandel in eine private Sammlung in Holland. 1940 wurde diese von den Nationalsozialisten beschlagnahmt, der Besitzer – ein jüdischer Kunsthändler – kam auf der Flucht ums Leben. Nach dem Krieg war kein Erbe auffindbar, sodass die vier Gemälde in den Besitz der Niederlande übergingen. Erst 2007 tauchten sie auf einer Auktion bei Christie’s in London auf. Dank dem Einsatz des Landes Tirol und der Tiroler Landesgedächtnisstiftung konnten sie zurückgekauft, restauriert und 2010 an ihren ursprünglichen Ort zurückgebracht werden – ein bewegendes Kapitel europäischer Kunst- und Zeitgeschichte.

Zwischen Andacht und Ausdruck

Auch der Magdalenenaltar im Chorraum beeindruckt: Er ist mit „1498“ datiert und zeigt eine ungewöhnliche Bildsprache. Szenen aus dem Neuen Testament verschmelzen mit der ägyptischen Magdalenenlegende. Maria Magdalena erscheint hier sowohl als Jüngerin Jesu als auch als entrückte Wüstenheilige – in asketischer Pose, von Engeln gespeist. Diese ikonografische Kombination ist selten und zeugt von der tiefen spirituellen Fantasie jener Zeit.

Ergänzt wird das Ensemble durch einen großformatigen Passionszyklus mit 31 Szenen an der Nordwand – wohl aus der Werkstatt des Lienzer Malers Andreas Peuerweg. Die Darstellungen sind in Seccomalerei ausgeführt, also auf trockenem Putz oder auf unverputztem Mauerwerk gemalt – eine Technik, die rasches Arbeiten verlangt und die feinen Pinselzüge direkt sichtbar lässt. Hinzu kommen weitere spätgotische Altäre sowie fein gearbeitete Schlusssteine, vermutlich aus dem Umkreis Friedrich Pachers.

Heute ist St. Korbinian vor allem ein Ort der Ruhe – abseits der großen Wege, aber keineswegs vergessen. Wer durch das Gitter einen Blick ins Innere wagt oder eine Sonntagsmesse mitfeiert, begegnet einem Ort, der nicht aufdrängt, sondern erzählt: von künstlerischem Können, bewegter Geschichte und einem Glauben, der sich leise entfaltet – stetig, beständig, ehrlich.

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