Das Läuten der Pfarrkirche Anras hallt über das Pustertal. Über dem alten Dorfkern von Anras erhebt sich ein Gebäude, das nicht in die gewohnte Tiroler Kulisse passen will: wuchtig, mit glatten Mauern, kleinen Fenstern, einem Portal, das fast trotzig die Zeiten überdauert hat. Das Pfleghaus Anras. Keine Burg. Kein Schloss im höfischen Sinne. Und doch ein Monolith – trutzig, geschlossen, unbestechlich.

Beitrag anhören (KI-generiert)

Hier wurde Recht gesprochen, hier wurden aber auch Reben gezählt und Steuern verzeichnet. Das Pfleghaus war ursprünglich kein Schloss im höfischen Sinn, sondern das Verwaltungszentrum der Bischöfe von Brixen – eine Enklave geistlicher Macht mitten in Tirol. Schon im Mittelalter wurde Anras zum Zentrum der Brixner Gerichtsbarkeit. Von hier aus regelte ein „Pfleger“ die Belange des Hochpustertals: Gericht, Verwaltung, Zehent, sogar Holzrechte. Ein Ort, an dem Schicksale entschieden wurden. Und das sieht man den Räumen noch heute an.

Kunstgeschichte in Holz und Stein

Der barocke Ausbau von 1754 verwandelte das nüchterne Verwaltungsgebäude in ein Repräsentationszentrum: Stuckdecken, ein Bischofszimmer mit illusionistischen Malereien, Fliesenböden aus Südtiroler Ton, Türbeschläge mit floralen Motiven, die an venezianischen Einfluss erinnern. Und doch blieb vieles funktional. Kein Gold, kein Prunk – aber Stil.

Das ehemalige bischöfliche Pfleghaus ist ein viergeschossiger Bau mit Schopfwalmdach und von Süden erschlossenem Mittelflur. An der Südwestecke befindet sich ein zweigeschossiger Rundturm mit Kegeldach aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert, darauf ein Wandgemälde mit dem Wappen des Fürstbistums Brixen. Die Fensterumrahmungen sind mit Sgraffiti geschmückt. Am Südportal ist ein Wappenmedaillon mit dem österreichischen Doppeladler zu sehen. Das Nordportal wird vom Wappen des Pflegers Johann Florian Peisser von Peissenau geziert.

Vom Verfall zur Wiedergeburt

Um die Mitte des 20. Jahrhunderts stand das Pfleghaus leer, Feuchtigkeit zog ein, die Fensterläden hingen schief. 1991 kaufte die Messerschmitt-Stiftung das Haus – und rettete es. Heute ist das Pfleghaus Verwaltungsgebäude, Kulturzentrum und Begegnungsort. Es zeigt, wie historische Architektur konserviert und zugleich behutsam weiterentwickelt werden kann – ohne ihren Charakter zu verlieren. Es bleibt ein Bau, der nicht nur erhalten, sondern verstanden werden will.

Entdecken Sie weitere Kulturbetriebe und Kulturdenkmäler in der Region

Keine Veranstaltungen gefunden.

Entdecken Sie weitere Kulturbetriebe und Kulturdenkmäler in der Region

Was? Wann? Wo?

Keine Veranstaltungen gefunden.